Mit dem Steuermodell „Modelo 720“ mussten bisher ausländische Residenten in Spanien ihr gesamtes im Ausland befindliches Vermögen detailliert offenlegen. Es handelt sich um eine informative Steuererklärung, in der Vermögenswerte, deren Wert 50.000 EUR übersteigt, angegeben werden müssen. Dazu zählen drei Gruppen: Bankkonten, Wertpapiere und Immobilien. Übersteigt eines dieser Konten 50.000 EUR, ist man zur Abgabe des Modelo 720 verpflichtet.

Das 2012 eingeführte Modell soll dem spanischen Fiskus unter Androhung harter Strafen unbekannte Vermögenswerte offenlegen. Das führte natürlich zu Ärger und – wie erwartet – zu einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, massgeblich getrieben von mallorquinischen Anwälten.

Nun hat der Europäische Gerichtshof die spanische Regelung für nicht vereinbar mit EU-Recht erklärt. „Die nationale Regelung, nach der die spanischen Steueransässigen dazu verpflichtet sind, ihre Vermögensgegenstände im Ausland zu erklären, verstößt gegen das Unionsrecht“, urteilte der Gerichtshof am Donnerstag.

Was heißt das konkret? Die Steuerexperten von Lozano Schindel geben Antwort auf die wichtigsten Fragen:

Weshalb stuft der EuGH die Vorschriften als europarechtswidrig ein?
Erstens sei die fehlende Regelung einer Verjährungsfrist für die Erzielung ungerechtfertigter Wertzuwächse aufgrund einer nicht rechtzeitigen Anmeldung eines Vermögensgegenstandes absolut unverhältnismäßig, da es der Steuerverwaltung zeitlich unbefristet mögliche ist, den Sachverhalt zu regularisieren.

Zweitens ist der Strafzuschlag von 150 % auf den aus dem Veräußerungsgewinn resultierenden Betrag überhöht, da er zusammen mit den anderen Sanktionen höher sein kann als der Wert der nicht angegebenen Vermögenswerte.

Und schließlich sind die starren Sanktionen für das Nichteinreichen von Unterlagen im Vergleich zu anderen Geldstrafen im spanischen Rechtssystem für ähnliche Verstöße unverhältnismäßig.

Zusammengefasst stellt das Urteil fest, dass all dies eine unverhältnismäßige Einschränkung des freien Personen- und Kapitalverkehrs im Binnenmarkt und mithin einen Verstoß gegen Europarecht darstellt.

Welche Auswirkungen hat die Entscheidung des EuGH?
Das Urteil bedeutet, dass allen laufenden Einsprüchen gegen Sanktionen im Rahmen des Formulars 720 oder gegen Einkommensteuerbescheide für ungerechtfertigte Kapitalerträge stattgegeben wird.

Außerdem wird die Möglichkeit einer Staathaftungsklage für rechtskräftig gewordene Sanktionen und Erklärungen eröffnet.

All diejenigen, die ihre Steuersituation freiwillig, aber verspätet reguliert haben, können darauf vertrauen, dass hierfür keine Sanktionen nicht verhängt werden

Ist die Abgabe des Formulars 720 weiterhin verpflichtend?
Abgeschafft wurde lediglich das Sanktionsregime, weshalb das Formular 720 im Übrigen nach wie vor in Kraft bleibt und die Frist für die Abgabe der Steuererklärung für 2021 unverändert am 31.03.2022 endet. Darüber hinaus wird für das Steuerjahr 2021 die Pflicht zur Meldung von Kryptowährungen eingeführt. Da der Entwurf zur Einführung eines neuen Formulars 721 für die Anmeldung von Kryptowährungen bislang nicht verabschiedet wurde, müssen diese in das Formular 720 eingetragen werden, sofern ihr Wert 50.000 € übersteigt.

Andererseits hebt das Urteil die Verpflichtung, im Ausland befindliche Vermögenswerte und Rechte, die in früheren Steuerjahren erworben wurden, zu melden nicht auf, auch wenn diese verjährt sind. Allerdings kann aufgrund dieses Urteils der Wert der Immobilie nicht als ungerechtfertigter Veräußerungsgewinn eingestuft und es können weder die 150%ige Strafe noch die aufgehobenen festen Geldbußen verhängt werden.

Was passiert nunmehr mit den Sanktionen?
Das Finanzministerium muss die Sanktionsregelung neu gestalten, um sie an die Vorgaben des EuGH anzupassen und so den Steuerzahlern Rechtssicherheit zu geben. Es bleibt nun abzuwarten, ob das neue Sanktionsregime für das Formular 720 europarechtskonform ausgestaltet wird.

Bis auf Weiteres ist keine Sanktionsregelung in Kraft, so dass sich für Steuerpflichtige, die noch kein Vermögen im Ausland angemeldet haben, ein Zeitfenster öffnet, in dem sie ihre Situation regulieren können, d.h. das Formular 720 einreichen können, bevor der neue Strafrahmen verabschiedet wird, ohne die Verhängung von Sanktionen zu riskieren.

Welche Handlungsmöglichkeiten haben Steuerpflichtige nach dem Urteil?
Grundsätzlich ist jeder Einzelfall zu prüfen. Allerdings können Steuerpflichtigen, die einen Einspruch gegen das Formular 720 oder Ihre Steuererklärung eingelegt haben, deren Stattgabe auf Grundlage des genannten Urteils beantragen.

Gleichzeitig können diejenigen, die eine Strafe oder ihre Steuererklärung gezahlt und keinen Rechtsbehelf eingelegt haben, eine Entschädigung innerhalb der gesetzlich festgelegten Frist fordern. Die Frist beträgt ein Jahr ab dem Datum der Handlung, die die Entschädigung auslöst.

Ebenso können diejenigen, die einen ungerechtfertigten Veräußerungsgewinn freiwillig angegeben hatten, um eien Sanktion zu umgehen, die Berichtigung und Erstattung der zu Unrecht erzielten Einkünfte für die Jahre beantragen, für die die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Wenn die Selbstveranlagung bereits auf dem Verwaltungsrechtsweg bereits rechtskräftig geworden ist, ist der Wege über eine Staatshaftungsklage zu gehen.

Bei Lozano Schindhelm steht Ihnen gerne zur Verfügung, um anhand der bisher eingereichten Formulare zu prüfen, ob Sie für das Steuerjahr 2021 zur Abgabe des Formulars 720 verpflichtet sind. Wir helfen Ihnen auch bei der Regularisierung früherer Jahre, indem wir die entsprechenden Erklärungen abgeben und beraten Sie, ob es angemessen ist, die Rückerstattung von Sanktionen zu beantragen, die sowohl für unrechtmäßiges Einkommen und/oder im Rahmen von Staatshaftungsklagen gezahlt wurden.

Die ExpertInnen von Lozano Schindhelm stehen Ihnen für Steuerfragen zum Thema Formular 720 jederzeit gerne zur Verfügung.

Lozano Schindhelm
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